Fahrradstraße Cloppenburg: SPD will Autos umleiten
Eine abknickende Vorfahrt von der Vahrener Straße zum Prozessionsweg soll laut SPD-Antrag Pkw fernhalten
Von Friedrich Niemeyer
Cloppenburg. Neues zum Dauerthema Fahrradstraße: Die Cloppenburger SPD-Fraktion schlägt nun vor, eine abknickende Vorfahrt einzurichten, um den Autoverkehr schon im Voraus umzuleiten und aus der
Fahrradstraße fernzuhalten. Hintergrund ist, dass immer noch zu viele Autos durch den eigentlich für Fahrräder reservierten Teilabschnitt der Kirchhofstraße fahren. Bereits im vergangenen Jahr hatte Ratsherr
Andreas Borchers (SPD) eine abknickende Vorfahrt als Lösungsvorschlag ins Spiel gebracht. Mit ihrem Antrag setzt die SPD diesen Ansatz jetzt auf die Tagesordnung des Fachausschusses –und blickt auch auf eine mögliche Verlängerung der Fahrradstraße. Konkret schlägt die SPD-Fraktion vor, bereits weit vor der
Fahrradstraße eine abknickende Vorfahrt von der Vahrener Straße zum Prozessionsweg einzurichten. So sollten Autofahrer aus Richtung Galgenmoor/Vahren gezielt umgeleitet und davon abgehalten werden, die
Kirchhofstraße zu nutzen, heißt es in dem Beschlussvorschlag. Die Verwaltung solle prüfen, ob dieser Vorschlag straßenbaulich umsetzbar ist.
SPD hält Verlängerung der Fahrradstraße für denkbar
Autofahrer, insbesondere aus Richtung Molberger Straße und Vahrener Straße, frequentieren die Fahrradstraße zu stark, heißt es in dem Antrag der SPD. Die Stadt müsse präventive Maßnahmen treffen, um die Fahrradstraße für Autos weniger attraktiv zu gestalten. Der Verkehr müsse verstärkt über den Pro-
zessionsweg gelenkt werden. Für denkbar hält die SPD-Fraktion außerdem eine Verlängerung der Fahrradstraße bis zum Übergang der Kirchhofstraße zur Vahrener Straße (Kreuzung Prozessions-
weg/Pastor-Covers-Straße). Das würde eine Verlängerung um 500 Meter bedeuten. Auf diese Weise könnte dieser Abschnitt der Kirchhofstraße schmaler gestaltet werden, sodass ein fester Parkstreifen für
Friedhofsbesucher möglich wäre. Außerdem sei die Einfahrt in die Kirchhofstraße für Fahrradfahrer derzeit zu unsicher gestaltet. Denn wer mit dem Rad auf der Vahrener Straße stadteinwärts unterwegs ist, müsse
beim Wechsel in die Kirchhofstraße die Straßenseite wechseln. Diese Querung der Vahrener Straße zwischen Brücke und Kreuzung sei bislang nicht klar geregelt und würde von Fahrradfahrern auch sehr „individuell“ getätigt, so die SPD. Hier schaffe eine abknickende Vorfahrt mehr Sicherheit, indem sie die Fahrradfahrer vorfahrtsberechtigt auf die rechte Seite der Kirchhofstraße lenkt. Bereits 2019 hatte die Stadt
einen Teilabschnitt der Kirchhofstraße (zwischen Löninger Straße und Molberger Straße) zur Fahrrad-straße umgewidmet. Doch viele Autofahrer ignorieren dies und nutzen den etwa 300 Meter langen Teilab-
schnitt nach wie vor als Durchfahrtstraße, insbesondere zu den Stoßzeiten. So stellte die Polizei im März vergangenen Jahres bei einer Kontrolle 43 Verstöße in nur 30 Minuten fest. Dabei dürfen nur Anlieger mit ihren Autos die Straße befahren. Allerdings werde diese Ausnahmeregel durch die Rechtsprechung nach Angaben der Polizei sehr weit definiert. Wegen des Autoverkehrs trauen sich einige Radfahrer zum Teil nicht, auf der Straße zu fahren und weichen auf den Gehweg aus. Die Stadt hatte vor 2 Jahren mitgeteilt, dass der Autoverkehr um 52 Prozent und der Lkw-Verkehr auf der Kirchhofstraße um 85 Prozent abge-
nommen habe. Zuletzt hatte die Grüne-UWG-Gruppe vorgeschlagen, versenkbare Poller an den Einfahrten zur Fahrradstraße zu platzieren, um den Autoverkehr auf ein Minimum zu reduzieren.
■ MEINE MEINUNG
Nur Poller helfen nachhaltig
Von Friedrich Niemeyer
Die sogenannte Fahrradstraße bleibt ein fehlgeschlagenes Experiment in der Autostadt Cloppenburg. Trotz deutlicher Hinweise und zahlreicher Kontrollen nehmen sich nach wie vor zu viele Autofahrer das
Recht heraus, die Kirchhofstraße als Abkürzung zu nutzen. Vielleicht aus Bequemlichkeit, aber wohl eher aus einem Anspruch heraus, der nicht nur in Cloppenburg noch selbstverständlich ist und der lautet: Mit dem Auto komme ich immer überall hin. Das ist das Ergebnis jahrzehntelanger Verkehrspolitik nach dem Motto „Auto first“. Fußgänger und Radfahrer müssen sich hinten anstellen.
Der Vorschlag, mit einer abknickenden Vorfahrt die Autos von der Fahrradstraße fern zu halten, mag ein wenig Abhilfe schaffen. Grundsätzlich wird er das Problem aber nicht lösen. Fahrradfahrer werden auf der eigentlich für sie reservierten 300 Meter kurzen Straße weiterhin das Gefühl haben müssen, dass jederzeit das nächste Auto um die Ecke kommen oder von hinten drängeln könnte. Ein Blick nach Osnabrück zeigt, dass Autofahrer selbst Vollsperrungen umfahren, um Radschnellwege zu befahren oder dort zu parken. Das einzige, was dort half und was eigentlich alle vermeiden wollten, waren Poller. Und das ist auch in der
Cloppenburger Kirchhofstraße die einzig sinnvolle Lösung. Die Stadt muss Tatsachen schaffen, die dem Autofahrer zu verstehen geben: Hier musst du dich hinten anstellen. Nur so wird sich die Anspruchshaltung verändern.
Copyright: OM-Medien / Münsterländische Tageszeitung. 24.01.2023